CAROLINA PRETELL
Freie Künstlerin, Kunstdozentin und Kunsthistorikerin
Mitglied vom KUNST.RAUM.STEGLITZ. seit 2015
www.cp-kunsthaus.com
Interview und Fotos: © Peter Hahn
www.fotoblues.net
Wann hast Du Kunst für Dich entdeckt? Dein künstlerisches Talent bemerkt?
Relativ spät, mit 16 Jahren. Da sah ich zum ersten Mal Menschen mit Staffeleien, die malten. Das war in Sierra Grande, einem kleinen Ort in Patagonien, wo ich auch aufwuchs. Ich begann kurz danach selber zu malen und spürte dabei, dass mir die Malerei es ermöglichte, mich mit meinen eigenen Gedanken zu beschäftigen und parallel mit den Händen zu arbeiten. Das war eine kraftvolle Entdeckung, die mein Leben von nun an prägte.
Du hast dann Kunst studiert. Wo war dies?
Ab 1991 studierte ich in Córdoba, der zweitgrößten Stadt Argentiniens. Ich studierte Bildende Kunst mit Schwerpunkt in Malerei. Zwar malte ich in den 5 Jahren meines Studiums viel, hatte aber nie die Absicht eine professionelle Karriere als Künstlerin zu machen.
Nach dem Studium ging ich zurück nach Patagonien. In einer „Kunst Werk Stätte“ habe ich mit meiner Tätigkeit als Kunstlehrerin angefangen. Ich habe Kindern, Jugendlichen und Erwachsene unterrichtet. Eine total schöne Erfahrung, die meinen weiteren Werdegang prägen würde.
Siehst Du Dich eher als eine Art Vermittlerin von Kunst?
Ich liebe es, anderen Menschen Kunst näher bringen zu können und diese auf deren Weg zu begleiten, bildende Kunst als Entdeckung für sich selbst zu erleben. Und dann zu sehen was sie daraus für sich machen. Diese Form der Begleitung erfüllt mich. Ich will darauf nicht verzichten.
In welchem Kontext vermittelst Du heute Dein Wissen über Kunst?
Vorwiegend außerhalb der Schulinstitutionen, weil diese wenig Raum und Zeit für die Entwicklung als künstlerisches Individuum bieten. Da ich seit 2013 ein eigenes Atelier habe, nutze ich vorwiegend diesen Raum. Meine Priorität ist es eine sehr personalisierte Begleitung zu bieten. Ich unterrichte in kleinen Gruppen und Einzelpersonen, auch extern.
Zudem lehre ich seit einem Jahr in der ersten privaten Europäischen Schule für Tattoo in Spandau zu den Grundlagen der Zeichenkunst, aber auch zur Kunstgeschichte und anthropologisch interessanten Geschichte der Tattoos.
Wie interpretierst Du selbst Dein Werk / Deine Arbeiten?
Das Malen mit Farben und Pinseln hat für mich an Bedeutung verloren. Jetzt arbeite ich viel mit Stiften und Papier. Es fasziniert mich hierbei die Einfachheit der Mittel und das künstlerische Potential, da diese einfache Materialien haben.
Das zu bearbeitende Papier lege ich auf eine harte Unterlage. Daraus entsteht ein gewisser Widerstand, den spüre ich in den Fingern. Das ist ein sinnlicher Moment, der mir wichtig ist.
Ein Hauptaugenmerk lege ich stets darauf, eine Leichtigkeit, einer gewissen Schwerelosigkeit in meinen Bildern zu erreichen. Dies zu schaffen ist jedoch nicht einfach, da dabei die Grenze zur Kraftlosigkeit sehr dünn ist. Grundsätzlich sollen meine Arbeiten Leichtigkeit vermitteln ohne an Kraft zu verlieren.
Woher bekommst Du Deine Impulse, Deine Ideen?
Viele meiner Anregungen und Ideen kommen aus der Mikrobiologie und aus der Botanik.
An was arbeitest Du aktuell?
An Zeichnungen, wo ich mich mit der Präsenz des Immateriellen auseinandersetze.
Kann / sollte Kunst auch politisch und gesellschaftskritisch sein?
Sollte nicht, kann schon. Kunst ist ein Bereich indem man alles kann, es soll nicht normativ sein. Kunst fängt mit der inneren Auseinandersetzung, mit den eigenen Gedanken und Gefühlen an.
Warum bist nach Deutschland gekommen?
Um mich weiter zu bilden, das war die Motivation. An der FU Berlin belegte ich erfolgreich das Studium der Kunstgeschichte.
Du bist in Argentinien geboren. Was verbindet Dich heute noch mit diesem Land?
Meine Familie.
Verarbeitest Du Deine Herkunft in Deinen Bildern, wenn ja, wie?
Dies war nie ein Thema gewesen.
Was ist der wesentliche Unterschied zwischen Deutschland und Argentinien?
Der blaue Himmel. Die Sonne.
Wie siehst Du Berlin generell?
Ich liebe Berlin. Ich habe mich in keinem anderen Ort so frei gefühlt.
Gehst Du gerne ins Museum?
Ja, ich bin auch Mitglied des Deutschen Museumsbundes, aber große Ausstellungen ermüden mich.
Was ist neben Kunst noch besonders wichtig für Dich?
Gemüseanbau in meiner kleinen Parzelle in Lichterfelde-Süd. Ich liebe es zu erleben, wenn die Pflanzen wachsen. Es freut mich zu sehen, wie sie sich entwickeln.
Was bedeutet für Dich Stille?
Es bedeutet zu Hause zu sein
Was ist Dein Lieblingsessen?
Nüsse, Käse und Obst machen mich glücklich.
Was wäre Dein Leben ohne Kunst?
Nicht mein Leben.
Wie siehst Du Dich in 10 Jahren?
Als eine schöne, selbstbewusste Frau.
Seit wann bist Du Mitglied im KUNST.RAUM.STEGLITZ? Und warum?
Seit Juni 2015. Meinen ersten Kontakt hatte ich als Zuhörerin beim ersten Steglitzer Slam Poetry. Ich war sehr angetan von der Idee das kulturelle Leben in unserem Bezirk weiter zu beleben und zu bereichern. Dazu wollte und will ich gerne einen Beitrag leisten. Dies auch deshalb, weil Steglitz mein „Zuhause“ ist.
Mit welchen Schwerpunkten engagierst Du Dich im KUNST.RAUM.STEGLITZ?
Mein Schwerpunkt als erfahrene Kunsthistorikerin liegt in der Ausstellungsorganisation. 2015 habe ich die Ausstellung „Steglitz. Wie sehen Künstler den Bezirk“ kuratiert und 2016 mit anderen Kollegen die Mitgliederausstellung ART STEGLITZ organisiert. Am 28.04.2017 eröffnet in der Villa Kult die Ausstellung „Kult im Wandel“. Deren Projektleitung habe ich zusammen mit Dörte Lützel-Walz durchgeführt.
Darüber hinaus betreue ich seit Oktober 2016 die Webseite unseres Vereins. Dies mit der technischen Unterstützung meines Mannes, der Informatiker ist und dem ich hiermit meinen Dank ausspreche.
Was erwartest Du in Zukunft vom KUNST.RAUM.STEGLITZ?
Eine Fortsetzung des Erreichten, eine Optimierung der Mitglieder-Synergie, aber auch die Möglichkeit anspruchsvolle Projekte durchführen zu können, gemeinsam mit engagierten Menschen im Verein. Wichtig für mich ist eine ausreichende Vorbereitungszeit, um im Ergebnis die von mir gewünschte Qualität zu erzielen.
Peter Hahn, 15.04.2017